Gizelas Geschichte - Afik Shiraz. Abinun Shmuel

Einführung

Die meiste Zeit meines Lebens wusste ich nicht viel über die Erfahrungen meiner Mutter, Gizela, in der Zeit des Holocaust. Wie in den Familien vieler Holocaust-Überlebender neigte auch unsere nicht dazu, über diese schwierigen Jahre zu sprechen. Und ich fragte nicht. Als Kind war ich zu unwissend und zu unschuldig zu fragen und später in meinem Erwachsenenalter fürchtete ich den Schmerz, den meine Fragen zu diesem Thema auslösen könnten. Meine Mutter hatte beschlossen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, sich darauf zu konzentrieren ihr neues Leben im Land Israel aufzubauen und mir eine möglichst glückliche und normale Kindheit zu ermöglichen. Die Jahre sind jedoch vergangen, und 2003 erschien der erste Riss in der Mauer der Stille. Dies geschah mit der Entdeckung eines Massengrabes in Deutschland, wo mein Großvater mütterlicherseits begraben wurde. Diese Entdeckung führte zu unserer Reise nach Deutschland und meine Mutter begann dabei, Stück für Stück ihre Erlebnisse zu erzählen. Nach der Rückkehr öffnete sie sich weiter und wandte sich mit den sie verfolgenden Erinnerungen an die Vereinigung „Your People“, die auf die Betreuung von Holocaust-Überlebenden und deren Folgegeneration spezialisiert ist. Später sprach sie bei „Memory in the Living Room“ -Treffen vor Publikum nicht nur über ihre Erfahrungen, sondern auch über die weniger bekannte Geschichte und Existenz des Judentums im Jugoslavien dieser Jahre. Während der zweiten „Living Room Memory“-Sitzung, die in diesem Jahr stattfand bemerkte ich, dass meine Mutter hier und da Namen und Daten vergaß. Das war untypisch für sie, weil sie immer ein außergewöhnlich gutes Gedächtnis hatte, viel besser als die jungen Leute in unserer Familie. Nach diesem Treffen kam mir die Idee, die Geschichte meiner Mutter aufzuschreiben, solange ihre Erinnerung bei ihr bleibt. Aus verständlichen Gründen ist ihre Geschichte für uns, ihre Familie, von großer Bedeutung, aber ich hoffe und glaube, dass auch Leser, die sie nicht persönlich kennen, durch ihre Schilderung des Holocaust an das Geschehene und an das weniger bekannte Judentum in Jugoslawischen erinnert werden.

Shmuel Abinun, 2019

Die Übersetzung

Meine Verbindung zu diesem Buch entstand schon 1995, mehr als 20 Jahre bevor es entstand: Ich lernte Shmuel Abinun als Mitarbeiter in einem Softwareprojekt kennen. Wir wurden Freunde und es gab gegenseitige Besuche, bei denen meine Frau und ich seine Familie in Israel kennenlernten, auch seine Mutter Gizela, deren Lebensbericht hier folgt. Ich war mit Shmuel und seiner Mutter 2005 in Schipkau und Tröbitz und als er 2008 zusammen mit seiner Frau Ella die Gedenkstätte Bergen-Belsen und das Holocaust-Mahnmal in Berlin besuchte, begleiteten wir sie dabei. Als ich nun eines der ersten Exemplare von „Gizelas Geschichte” bekam, konnte ich es nicht lesen. Nachdem sich Shmuel dazu entschloss, es vom Hebräischen ins Englische zu übersetzen, konnte ich die Schilderung lesen und verstehen. Meine sicherlich nicht professionelle Übersetzung vom Englischen ins Deutsche widme ich Gizela Abinun und ihrer Familie.

Michael Gregorg, 2020

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