Gizelas Geschichte - Afik Shiraz. Abinun Shmuel

sprachen.

Ungefähr zwei Wochen später wurden wir ins Hauptlager gebracht. Da es in Bergen-Belsen nicht üblich war, Familien zu trennen, hatten wir das Privileg, alle zusammen bleiben zu können - Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder zusammen. Aus meiner Familie waren meine Eltern, meine Schwester, meine Großmutter, mein Onkel und meine Cousins und ich. Wir konnten uns gegenseitig trösten und mit den anderen Gefangenen, die dieselbe Sprache sprachen, kommunizieren. Alle Baracken im Lager waren ähnlich verteilt - die griechische Hütte, die niederländische Hütte und so weiter, nach Nationalitäten geordnet. Wie in Sajmishte waren auch hier die Betten übereinander angeordnet - zwei, drei und sogar vier. Wer nicht in die oberen Betten gehen konnte, schlief in den unteren, zu Beginn eine Person in einem Bett, aber als weitere Gefangene kamen, mussten wir zu zweit in einem Bett schlafen. Ich kann mich nicht erinnern, während meines Aufenthalts im Lager Angst oder Trauer empfunden zu haben. Die wichtigen Gefühle erstarrten an diesem Ort. Die einzige Emotion, die ich dort fühlte, war große Wut. Ich habe die Wachen direkt unter ihrer Nase verflucht, Flüche die sie nicht hören konnten und ich mich heute schäme, sie zu wiederholen. Ich schickte sie in Gedanken dorthin, woher sie kamen. Ich verfluchte Gott, Santa Maria, St. Mary und alle Heiligen. Ich erinnere mich kaum an deutsche Kommandeure oder Aufseher, die uns als Menschen gesehen oder uns gegenüber Menschlichkeit bewiesen haben. Das einzige Wort, das wir von ihnen hörten, war „Los, Los, Los“ - schnell, schnell, schnell! Das blieb bis heute in meinem Kopf eingraviert. Wir alle erkannten schnell, dass das Leben im Lager kein Leben sein würde. Jeden Morgen mussten wir um fünf Uhr aufstehen und uns zum Appell aufstellen. Dort standen wir manchmal stundenlang. In den Sommermonaten dämmerte es schon aber im Winter war es noch stockdunkel als wir aufwachten. Einmal bin ich einem der Befehle nicht ganz genau gefolgt und der Kapo, der polnisch oder ukrainisch war und Kazimir hieß, schlug mit dem Gewehrkolben auf meinen Oberarm. Der Schlag war so stark, dass ich noch heute an dieser Stelle Schmerzen habe. Im Gegensatz dazu hatte ich keine Angst vor dem jüdischen Kapo. Sein Name war Albala, ein griechischer Jude, der viele Sprachen beherrschte. Seine Hauptaufgabe war die Übersetzung von Anweisungen und Befehlen. Zusätzlich zu denen hatte jede Hütte einen Kapo aus derselben Baracke, der das Essen verteilte. Wenn unser Kapo bei der Essensausgabe den Gefangenen, der gerade vor ihm stand, kannte, griff er mit der Kelle tief in den Topf und gab ihm die dickere Brühe vom Boden, während er für diejenigen, die er nicht kannte und die ihn nicht interessierten, die dünnere Flüssigkeit von oben servierte. Aber er war kein Sadist. Hin und wieder roch die Lagerluft nach verbrannten Federn, und dann wussten wir, dass Insassen in den Krematorien verbrannt wurden, solche die krank und schwach gewesen waren. Bergen-Belsen diente nicht als Vernichtungslager, aber wenn ein Gefangener gegen die Regeln des Lagers verstoßen hatte, wurde er nach Auschwitz geschickt. Zum Beispiel fand eines Tages ein jugoslawischer Gefangener, der mit mir Schuhe sortieren musste, ein Paar passende Schuhe und zog sie an. Er wurde gefasst und die Strafe für dieses „Vergehen“ war seine Deportation nach Auschwitz. Er ist nie von dort zurückgekehrt. Kurz nachdem wir im Lager angekommen waren, wurden wir in die Bäder gebracht, Kleidung und Schuhe wurde uns abgenommen und zur Desinfektion transportiert, um uns vor Infektionskrankheiten und Parasiten zu schützen. Mehr als eine Stunde lang warteten wir nackt, bis die Kleidung zu uns

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